Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Bald 25 Jahre.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach dem Studium der Geschichtswissenschaften in Münster startete ich beruflich als Beraterin für Public Relations. Ich arbeitete zunächst für eine PR-Agentur im Ruhrgebiet, dann für das Land Sachsen-Anhalt. Von der Öffentlichkeitsarbeit wechselte ich sieben Jahre später in den Fachbereich Wasserwirtschaft. Über einige Jahre hinweg vertrat ich zudem ehrenamtlich die Interessen der Mitarbeitenden des Umweltministeriums als Personalrätin, zwei Jahre auch als Vorsitzende des Personalrates. 2002 bis 2011 war ich Mitglied des Landtages, Parlamentarische Geschäftsführerin, Sprecherin für Finanzen und für Soziales und Mitglied im Fraktionsvorstand der FDP-Fraktion. 2011, nach der verlorenen Landtagswahl, ging es wieder zurück in die Verwaltung, diesmal in den Bereich Wissenschaft. Seit 2015 bin ich Geschäftsführerin des Studentenwerkes Halle. Ehrenamtlich bin ich Kreisvorsitzende der FDP in Magdeburg, stellvertretende FDP-Landesvorsitzende, Vorsitzende des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe und zusätzlich aktiv in mehreren Verbänden und Vereinen auf Stadt- und Landesebene.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Sich zu engagieren und nicht nur zu reden, das ist seit jeher in unserer Familie üblich. Meine Eltern und meine Geschwister haben alle in der einen oder andern Form gesellschaftlich Verantwortung übernommen. Bei mir war es zunächst im Sport als Übungsleiterin und Schiedsrichterin, dann als Vorstandsmitglied. Schon früh kam die Politik hinzu, nach dem Studium zuerst die Kommunalpolitik, später dann wuchs mit der Arbeit im Umweltministerium das Interesse an der Landespolitik und auch die Überzeugung, vieles anders und so manches besser machen zu wollen. Der Stillstand in der Politik von Rot-Rot bis 2002, den man mit der derzeitigen wechselseitigen Lähmung von CDU und SPD vergleichen kann, war dann der letzte Anstoß, für den Landtag zu kandidieren.

Was treibt Sie an?

Die feste Überzeugung, dass wir uns in Sachsen-Anhalt unter Wert verkaufen. Unser Land ist toll, viele Menschen sind unglaublich engagiert. Wir haben enorme Potentiale in der Wirtschaft, der Landwirtschaft, in den Hochschulen, in der Kultur. Wir sollten daraus mehr machen. Dazu will ich meinen Beitrag leisten. Hinzu kommt eine ganz persönliche Motivation: Wenn Kinder, wie meine beiden Söhne, erwachsen werden und Arbeit suchen, sollen sie eine attraktive berufliche Perspektive auch in Sachsen-Anhalt finden, wenn sie dies wollen. Junge Menschen, egal wo sie geboren sind, sollen unser Bundesland attraktiv finden, als Arbeitsplatz und als Lebensmittelpunkt. Das schafft die derzeitige Koalition aus CDU und SPD ganz offensichtlich nicht.


Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Mehr Dynamik, mehr Tempo, mehr Schwung in die Politik unseres Landes zu bringen. Viel zu häufig wird derzeit reagiert, indem Themen und Probleme einfach ignoriert werden. Dadurch hat man oft das Gefühl, dass sich nichts bewegt. Zudem will ich meine Fachkenntnisse einbringen - etwa im Bereich Finanzen oder Soziales.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Wir haben so ziemlich überall die rote Laterne unter den deutschen Bundesländern, ganz gleich ob es um Wirtschaftsdaten geht, wie das Wirtschaftswachstum und die Unternehmen, oder um die Dauer der Schulwege für unsere Kinder. Da ist es auch nicht beruhigend, dass es im europäischen Vergleich Regionen gibt, die noch schlechter dastehen. Dass Sachsen-Anhalt unter den neuen Bundesländern hinten dran ist, ist kein Naturgesetz. Wir haben zwischen 2002 und 2006 gezeigt, dass Sachsen-Anhalt besser sein kann, als wir in einem deutlich schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld aufgeholt haben, etwa gegenüber Thüringen und Sachsen. Daran müssen wir wieder anknüpfen. Dazu muss das Land aufhören, die Unternehmen mit ständig neuen Vorschriften, wie dem Vergabegesetz, das die SPD weiter verschärfen will, zu belasten. Eine unternehmerfreundliche Kultur, ein gutes und stabiles Netz von Bildungseinrichtungen sind aus meiner Sicht wesentliche Voraussetzungen, um unser Land voranzubringen. Das Potential haben wir, wir müssen nur etwas daraus machen.

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Mein erstes Ziel ist es, dass es wieder eine deutliche Stimme für den Mittelstand in unserem Land gibt. Diese muss bei allen Gesetzesvorhaben, aber auch bei wichtigen gesellschaftlichen Themen im Landtag und in der öffentlichen Debatte gehört werden können.

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Viele Menschen, die im Laufe des Jahres zu uns gekommen sind, sind vor Krieg und extremen Missständen aus ihrer Heimat geflohen. Die schlechte Situation in den Flüchtlingslagern hat sie bewogen, den gefährlichen Weg über das Mittelmeer bis nach Deutschland auf sich zu nehmen. Diesen Menschen müssen wir Schutz bieten. Dies bedeutet auch, dass wir ihnen die Möglichkeit zu Arbeit und Integration bieten, ganz gleich, ob sie sich später für eine Rückkehr in ihre Heimat entscheiden oder nicht. Dieses Angebot bedeutet aber auch, dass sie unsere Regeln, die Werte unseres Grundgesetzes akzeptieren, etwa  religiöse Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau oder das Gewaltmonopol des Staates. Dieses Angebot bedeutet auch, dass wir uns auf diejenigen konzentrieren, die Flüchtlinge oder Asylsuchende sind. Die beste Integration gelingt durch Bildung, Ausbildung und Qualifizierung. Menschen aus sicheren Herkunftsländern müssen zeitnah in ihre Heimatsländer zurückgeführt werden. Zeitgleich ist der Bund gefordert, sich für einen stabilen Frieden im Nahen Osten, für eine gemeinsame Kraftanstrengung aller europäischer Staaten bei der Aufnahme der Flüchtlinge einzusetzen. Zudem benötigt Deutschland endlich ein Einwanderungsgesetz, das es Menschen ermöglicht, bereits in ihrem Heimatland entsprechende Anträge zu stellen und nach Deutschland erst dann einzuwandern, wenn eine Aufenthaltsgenehmigung vorliegt. Das Beispiel Kanada zeigt, wie wir mit einem modernen Einwanderungsgesetz dringend benötigte Fachkräfte gewinnen können.

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Ich will Ansprechpartner für die Menschen, aber auch die Unternehmen aus dem Wahlkreis sein und ihnen bei ihren Problemen helfen, die auf Landesebene gelöst werden können.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Magdeburg, am liebsten bei schönem Wetter mit Blick auf die Elbe.