Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?
Ich bin gebürtiger Magdeburger und wohne seit dem 20.03.1977 in meiner Heimatstadt. In Sachsen-Anhalt lebe ich also seit seiner Gründung am 3.Oktober 1990.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?
Ich habe Politikwissenschaft und Geschichte studiert und in Politikwissenschaft promoviert. Nach meinem Studium habe ich im Stadtrat von Magdeburg in der SPD-Fraktionsgeschäftsstelle angefangen. Nach der Landtagswahl 2006 wechselte ich in die SPD-Landtagsfraktion, erst als Leiter des Fraktionsvorsitzendenbüros, seit 2007 als Pressesprecher. Seit Mai 2015 bin ich als Referent im Kultusministerium tätig.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Ich habe Politikwissenschaft studiert und mir irgendwann die Frage gestellt, ob ich Politik nicht nur analysieren will, sondern auch mitmachen möchte. Dann bin ich im Dezember 1999 in die SPD und bei den JUSOS eingetreten.

Was treibt Sie an?
Ich habe Spaß daran, mich einzumischen und mitzugestalten. Außerdem ist Politik nie langweilig, weil man mit vielen verschiedenen Menschen zu tun hat.

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?
Es gibt viel zu tun, aber ich will fünf Punkte herausheben.

Erstens: Sachsen-Anhalt hat als Billiglohnland keine Zukunft. Der Mindestlohn war ein erster Schritt, die Regelung von Praktika muss ein zweiter sein. Sie dürfen nicht zum Lohndumping missbraucht werden. Für Menschen, kaum noch eine Chance haben, brauchen wir einen öffentlichen geförderten, sozialen Arbeitsmarkt. Die Bürgerarbeit hat gezeigt, wie groß der Bedarf ist. Es ist besser Arbeit zu fördern, als Arbeitslosigkeit zu bezahlen.

Zweitens: Sachsen-Anhalt braucht starke Hochschulen. Nach den mühsamen Strukturdiskussionen müssen sie in Ruhe arbeiten können. Bis 2019 gelten die Zielvereinbarungen ohne Abstriche. Ab 2020 werden die Tarifsteigerung und der Inflationsausgleich vollständig vom Land getragen. Zudem ist der gebührenfreie Zugang zum Erststudium ist für mich nicht verhandelbar. Nur so lässt sich verhindern, dass soziale Herkunft über den Zugang zur akademischen Ausbildung entscheidet.

Drittens: Ein wichtiges Thema ist eine flächendeckende Unterrichtsversorgung. Vorausschauende Lehramtsausbildung und Neueinstellungen sind der Schlüssel dazu, dass in Normalfall genügend Lehrerinnen und Lehrer vor der Klasse stehen. Dafür stehen ein festes Budget von Stellen und Personalmitteln bereit, mit dem planbar und flexibel gearbeitet werden kann. Vor der Klasse können am Ende nur die Lehrerinnen und Lehrer stehen, die dafür ausgebildet sind. Dafür benötigen wir auch mehr Studienplätze in den Lehramtsstudiengängen. Dabei darf auch die Wiedereröffnung der Lehrerausbildung an der Otto-von-Guericke-Universität kein Tabu sein.

Viertens: Sachsen-Anhalt hat nach wie vor einen wirtschaftlichen Aufholbedarf. Dazu braucht es auch von Landesebene Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen. Es muss feste und transparente Fristen zur Bescheidung von Anträgen geben und überhöhte Verwaltungsstandards müssen abgebaut werden. Für Mittelstand und Handwerk braucht es einfachere Förderinstrumente. Es kann nicht sein, dass der hohe Aufwand bei der Beantragung dazu führt, dass Fördermittel für Unternehmen kein Thema mehr sind.

Fünftens: Die Betreuungszeit für Eltern muss flexibler werden. Der Ganztagsanspruch ist gut, aber so gut wie möglich zum Arbeitsplatz und -alltag passen. Dabei dürfen Eltern nicht unangemessen hoch an den Kosten beteiligt werden. Flexible Öffnungszeiten gehen natürlich nur mit gut bezahlten Erzieherinnen und Erziehern. Dazu braucht es eine tarifgerechte Bezahlung aller Erzieher und Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?
Sachsen-Anhalt ist ein Land in der Mitte Europas und hat einen festen Platz in der europäischen Kulturgeschichte. Diese Europa gilt es zu bewahren und zu erhalten. Wir haben in den letzten 25 Jahren von der Europäischen Union stark profitiert, nicht nur, aber auch durch die vielen Fördermittel, die in unser Bundesland geflossen sind. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es in Europa immer dann voranging, wenn die Regionen zusammengearbeitet und gute Ideen ausgetauscht wurden. So hatte bereits im Mittelalter das Magdeburger Recht großen Einfluss auf die Städte in Ostmittel- und Osteuropa. Zusammenarbeit und Offenheit bleibt auch die Richtschnur der Zukunft.

Trotz seiner reichen Kulturlandschaft ist Sachsen-Anhalt eines der am meisten unterschätzten Bundesländer. Das fängt bei Slogan „Lande der Frühaufsteher“ – die Schilder gehören schnellstens abgeschraubt – an und zeigt sich in so manchen Umfragen. Das ist schade, weil wir das nicht nötig haben. Die Menschen in Sachsen-Anhalt haben – mit so mancher Hilfe und trotz erheblich schlechteren Startbedingungen als andere Bundesländer – in den letzten 25 Jahren eine bemerkenswerte Aufbauleistung vollbracht. Mit dieser Kraft ist auch in den nächsten 25 Jahren Einiges möglich.

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?
Wir haben viele gute Ideen in unserem Wahlprogramm. Davon will ich möglichst viele umsetzen. Vor allem will ich aber Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, ihre Anliegen und Ideen sein. Eine bessere Zukunft Sachsen-Anhalts gibt es schließlich nur durch Teamwork.

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?
Die Aufnahme von Flüchtlingen ist eine Frage der Humanität. Wir haben auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte eine moralische Verpflichtung, Menschen zu helfen, die allein oder mit ihren Familien vor Krieg und Vernichtung fliehen. Die derzeit am meisten diskutierte Frage der Unterbringung ist nur die erste Aufgabe, die Integration die zweite und wohl weitaus schwierigere.

Auf die mit dem Flüchtlingsthema verbundenen Herausforderungen müssen wir gemeinsam besonnen reagieren. Das heißt sachliche Information statt Aufwiegelung und Hetze. Die Menschen in den Stadtteilen und Gemeinden haben natürlich ein Recht darauf zu wissen, was in ihrer Nachbarschaft passiert. Dass es dabei Ängste gibt, erleben wir im Moment überall. Aber es ist wichtig, den Ängsten zu begegnen und sie abzubauen, statt sie zu schüren. Angst und Hass sind kein guter Boden für eine gute Nachbarschaft.
 
Eine wichtige Grundlage für Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache. Zudem sollten wir denen schnell eine Chance geben zu arbeiten, deren Qualifikationen wir gut gebrauchen können.

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?
Magdeburg hat sich daher mit Fug und Recht auf den Weg gemacht, Kulturhauptstadt Europas 2025 zu werden. Hier wurde in den vergangenen Jahren viel investiert. Die Sanierung des Schauspielhauses, Zentrale Theaterwerkstätten, das Kunstmuseum, das Literaturhaus, der Moritzhof, das Puppentheater mit der Villa P sind sichtbare Zeichen im Stadtbild. Daneben gibt es viele Beispiele, wie die freie Kulturszene der Leben in der Stadt bereichert. Wenn die Landeshauptstadt ihren Hut in den Ring wirft, muss das eine Projekt für das ganze Land werden.

Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Hochwasser hat für mich weiter höchste Priorität. Durch das Hochwasser im Juni 2013 ist eine Neukonzeption des Hochwasserschutzes auch in Magdeburg unumgänglich geworden. Wie überall im Land passen wir die Schutzmaßnahmen an eine neue Gefährdungssituation an. Das bedeutet den Ausbau der nichtsanierten Deiche, die Umsetzung von Konzepten für die neuerdings gefährdeten Bereiche im Westteil der Stadt, d.h. Rothensee, die Innenstadt und Buckau, und einen effektiven, baulichen Schutz für den Werder. Dazu gehört auch die Erneuerung und Verlängerung des Strombrückenzuges. Sie ist als eine von zwei Möglichkeiten, die Elbe zu überqueren, eine wichtige Verkehrsader für die ostelbischen Stadtgebiete und das Umland und vor allem im Hochwasserfall unerlässlich.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?
Natürlich meine Heimatstadt Magdeburg. Mein Lieblingsplatz ist der Stadtpark Rotehorn. Dort kann man joggen, relaxen und mitten in der Stadt die Natur genießen. Und abends lohnt sich immer ein Blick auf die beleuchtete Silhouette der Innenstadt von Dom bis Johanniskirche.