Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich lebe seit dem Jahr 1984 in Sachsen-Anhalt.


Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach dem Abitur 1980 entschied ich mich für ein Studium im Fach Maschinenbau an der TU Dresden. Das Studium schloss ich 1985 als Diplom-Ingenieur ab. Dann ging ich nach Sachsen-Anhalt und arbeitete dort zunächst als Projektingenieurin im SKL Magdeburg. Vier Jahre später wechselte ich nach Wanzleben  als Hauptgenetikerin im Gesundheitswesen des damaligen Kreises Wanzleben. Nach der friedlichen Revolution und der Neuaufstellung der Kreisverwaltung war ich in dieser als Amtsleiterin tätig. 1994 wurde ich zur hauptamtlichen Bürgermeisterin der Stadt Wanzleben gewählt und übte die Tätigkeit 12 Jahre lang aus. 1998 schloss ich zudem eine zusätzlich Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin ab. Mitglied des Landtages bin ich nun in der zweiten Legislatur.

 

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Mit der friedlichen Revolution 1989 war der Wille vorhanden, an der politischen Umgestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Ich war mir bewusst, dass dies nur durch aktive Arbeit in einer Partei und den neuen demokratischen Gremien geschehen kann. Daher trat ich im Januar 1990 der SDP (Vorgänger der SPD) ein und trat im Mai 1990 zum ersten Mal bei der Kommunalwahl an. Danach wurde mein Interesse für die politische Teilnahme geweckt und ich wurde erst Bürgermeisterin der Stadt Wanzleben und später Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt.

 

Was treibt Sie an?

Wie gesagt war der Wille zur Mitgestaltung gesellschaftlicher und politischer Bedingungen von Beginn an da. Und ich sehe die Ergebnisse. Mit viel Engagement kann man Dinge bewegen,  man darf nicht nur zusehen und meckern, sondern jeder kann an den politischen Prozessen aktiv teilnehmen. Natürlich gibt es auch ab und an Frust, wenn man Entscheidungen nicht wie gewollt beeinflussen konnte, aber genau das treibt mich an. Man muss den Bürgerinnen und Bürgern zuhören und versuchen Probleme zu lösen, auch wenn es manchmal schwierig oder aussichtslos erscheint.

 

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtags vorgenommen?

Gerne möchte ich meine politische Arbeit fortsetzen. Während meiner politischen Laufbahn habe ich viele Erfahrungen sammeln können und weiß wie die Prozesse ablaufen. Ich verstehe es als meine Aufgabe, weiterhin die Probleme der Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen und diese im Landtag einzubringen.

 

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Sachsen-Anhalt ist als Bundesland ein Teil der gesamten Bundesrepublik. Somit wird Sachsen-Anhalt, auch wenn man es medial nicht so wahrnimmt, im Bund gehört. Zusammen mit den Bundestagsabgeordneten, aber auch den Europa-Abgeordneten gibt es stetigen Kontakt, sodass auch Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle spielt. Schaut man sich unser Wahlprogramm an, geht es darum, dass wir auf die demografischen Entwicklungen speziell im ländlichen Raum angemessen reagieren. Perspektivisch müssen wir uns darauf einstellen und politische Akzente setzen. Hierbei geht es besonders um die Stärkung der Wirtschaft und Landwirtschaft und vor allem um den Ausbau von Informations- und Kommunikationstechnologien, um die ausgebildeten Menschen hier im Land zu halten. Europapolitisch spielt der gesamte Bund die wichtige Rolle im gesamten System der EU, sodass es hierbei darum geht, Sachsen-Anhalts Interessen über die Bundesrepublik zu vertreten.

 

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Sachsen-Anhalt muss attraktiver werden. Immer noch erleben wir eine hohe Abwanderung junger Menschen trotz guter Ausbildungsmöglichkeiten und attraktiver Hochschul-Standorte. Es geht darum, dass auch nach der Ausbildung Menschen hier bleiben wollen, weil sie gute Arbeit mit guten Löhnen vorfinden und Sachsen-Anhalt ein modernes Land ist. Schaut man sich unsere Infrastruktur an, findet man einerseits moderne Großstädte, aber auch den attraktiven ländlichen Raum. Das müssen die Menschen spüren und da muss die Politik ansetzen und reagieren. Ich möchte natürlich speziell in meinen Gebieten, der Kommunalpolitik, der Landwirtschaft aber auch der Energiepolitik mitwirken. Die Kommunen sind das „Eingangstor“ für alle Bürgerinnen und Bürger  und diese müssen ausreichend ausgestattet sein, um das gesellschaftliche Leben aktiv zu gestalten. Gerade in meiner Region stellt die Landwirtschaft eine wichtige Basis für den Erhalt der Wirtschaft dar. Sachsen-Anhalt muss diese schützen und fördern, sodass die Landwirtschaft ein Motor des Bundeslandes bleibt. Die Energiewende ist nur mit dem Ausbau von Erneuerbaren Energien erreichbar und ist daher eine Herausforderung, die die Politik fordert, verschiedene Interessen auszugleichen.

 

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Sachsen-Anhalt hat in den letzten Monaten ca. 35.000 Flüchtlinge aufgenommen. Am Anteil der Bundesrepublik sind das rund 2,9 %. Damit trägt Sachsen-Anhalt einen relativ kleinen, aber dennoch wichtigen Teil bei, Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen und zu integrieren. Das bedeutet viel Engagement vor allem für die Kommunen vor Ort und diese brauchen Unterstützung, um diese Aufgabe stemmen zu können. Neben dieser humanitären Hilfe muss man natürlich alles daran setzen, dass die Probleme an der Wurzel angefasst werden, das heißt Hilfe in den Krisengebieten vor Ort ist ein wichtiger Teil dieser Verantwortung. In Sachen-Anhalt müssen derzeit Kapazitäten für die Unterbringung geschaffen werden, dies war und ist nicht einfach. Die Ängste der Menschen sind verständlich, da neue gesellschaftliche Prozesse immer Sorgen hervorrufen. Diese Ängste müssen wir ernstnehmen und diesen müssen wir offen und ehrlich entgegentreten. Das Ausnutzen der Ängste, wie es die AfD macht, ist schlicht verantwortungslos. Derzeit kursieren viele Gerüchte und unsachliche Meinungen, die die Gesellschaft spalten wollen. Wir dürfen nicht zulassen, dass hilfsbedürftige Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Auch Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen sind nicht nur aufgrund unserer Verfassung keine Lösung. Bei gelungener Integration werden neue zwischenmenschliche Kontakte entstehen. Das sind die Chancen, die sich bieten. Gelungene Integration kann sehr starke positive Auswirkungen entfachen. Unsere Gesellschaft braucht Zuwanderung und diese kann eine Bereicherung sein, wenn wir sie offen annehmen.

 

Was möchten Sie als Abgeordnete des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Wir als Abgeordnete sind nichts anderes als Volksvertreter. Damit haben wir einen Auftrag den Bürgerinnen und Bürger gegenüber und haben ein Mandat, dieses Vertrauen zurückzugegeben. Das heißt zuerst den Menschen zuhören, konkrete Probleme aufnehmen und an deren Lösung zu arbeiten. In dem überwiegend ländlich geprägten Wahlkreis wird es vor allem um den Erhalt der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur gehen.

 

Welcher ist ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Sachsen-Anhalt ist vielfältig, das gefällt mir. Einerseits ist natürlich mein Heimatort Wanzleben ein Lieblingsort, da dort meine Familie lebt und viele Freunde und Nachbarn da sind. Da ist man einfach zu Hause. Andererseits gibt es so viele Orte, die zu den unterschiedlichsten Zeiten sehr attraktiv sind. Historische und gleichzeitig moderne Städte und wunderschöne Landschaften. Ich liebe den Frühling in der Börde, wenn die Felder beginnen zu blühen, den Sommer entlang der Elbe, wenn man mittlerweile wieder darin die Beine kühlen kann, den Herbst im Harz mit buntgefärbten Wäldern und den Winter in der Heide, wenn der eisige Wind darüber fegt.