Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich bin hier geboren.

 

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Ich bin von Haus aus Diplom Sozialpädagogin und habe auch in diesem Beruf gearbeitet. Ich hatte jedoch auch schon Stellen in der Landesverwaltung und in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Derzeit organisiere ich Angebote der politischen Erwachsenenbildung für Sachsen-Anhalt und Thüringen.

 

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Erste Berührung mit Politik hatte ich während meiner Zeit im Ministerbüro des Sozialministeriums. Anschließend trat ich in die FDP ein und kandidierte erfolgreich für den halleschen Stadtrat.

 

Was treibt Sie an?

Mich treibt ein grenzenloser Optimismus an, dass man etwas verändern kann und auch muss. Ich bin ein kritischer Mensch habe das Bedürfnis, für meine eigene Selbstbestimmung und die anderer Leute einzutreten. Wie in allen Gruppen und Organisationen braucht es jemanden, der vorneweg geht um die anderen zu motivieren. Und gerade in diesen Zeiten und der um sich greifenden Gleichgültigkeit braucht es motivierte Menschen, die bereit sind, Veränderungen herbei zu führen.

 

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Politisch will ich dazu beitragen, dass die Menschen wieder eine Vision von ihrer Heimatregion bekommen, egal ob lokal oder vom Land betrachtet, dass es nach vorne gehen kann. Wir brauchen kein Ressortdenken und den alljährlichen Verteilungskampf um die wenigen Gelder, sondern wir brauchen eine Vorstellung davon, wohin es gehen soll mit unserem Land und diesem Ziel werden dann die Finanzierungsprioritäten zugeordnet. Meine Priorität liegt in der Förderung von Köpfen, nicht von Beton. Wir haben keine großartigen Bodenschätze oder Industrieansiedlungen. Wir können nur mit gut ausgebildeten jungen Menschen, die hier auch eine berufliche Perspektive finden oder, und das wird viel zu wenig beachtet, die sich eine Perspektive selbst geben wollen durch Unternehmungsgründungen, dauerhaft wieder auf die Strümpfe kommen. Sachsen-Anhalt hat ein gut entwickeltes soziales System. Menschen in Not finden hier die Unterstützung, die sie brauchen. Ich würde mich also nicht dazu hinreißen lassen, Versprechungen für weitere Vorhaben im sozialen Bereich für einen möglichen Wahlerfolg zu geben. Wir müssen uns mehr auf die Menschen konzentrieren, die in der Lage sind oder in die Lage versetzt werden können, das dafür erforderliche Steuergeld  zu erwirtschaften. Dafür müssen die Bedingungen geschaffen und Hürden aus dem Weg geräumt werden. Da denke ich an bürokratische Vorschriften genauso wie an das Begreifen der flächendeckenden Versorgung mit einem schnellen Internet als Daseinsvorsorge. Es gibt so viele Ideen im Land, die müssen wir nicht vorgeben. Wir müssen nur dafür sorgen, dass die Leute sich trauen, die Ideen anzugehen und umzusetzen.

 

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Derzeit spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland die Rolle des ewigen Schlusslichts. Das ist eine Schande. In dieser Region wurden mehrfach die Geschicke Deutschlands, Europas und der ganzen Welt verändert. Stichwort Reformation. Sachsen-Anhalt ist wunderschön und touristisch dennoch ein Entwicklungsland. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass der Tourismus das Allheilmittel und meine Zukunftsvision für das Land wäre. Der Tourismus kann helfen, dass Menschen überhaupt erst einmal aufmerksam auf unser Land werden. Aber dann müssen kreative Köpfe hier Möglichkeiten vorfinden, die uns von den derzeit hippen Regionen um Hamburg und Berlin vielleicht darin unterscheiden, dass bei uns eben alles etwas schneller oder einfacher geht. Ich sehe hier keine zusätzlichen Industriearbeitsplätze in Größenordnungen. Aber ich sehe das Potential für Dienstleistungen, Logistik und das weite Feld der Digitalwirtschaft. Das sind heutige Motoren der Wirtschaft. Dazu braucht es vernünftige Verkehrswege und eine leistungsfähige Breitbandversorgung. Wir haben tolle Hochschulen und Universitäten, die ein Schmelztiegel für Erfindungen und Ideen sein müssen. Wir haben es geschafft, wenn diese klugen und inspirierten Menschen ihre Ideen bei uns im Land verwirklichen wollen und auch können, und nicht abwandern wie ganze Generationen vor ihnen. Und zur Rolle des Landes in Europa kann ich nur sagen: Es wäre schön, wenn wir aufgrund eigener Stärke nicht mehr Kernfördergebiet für den Europäischen Sozialfonds wären und unsere laufenden Aufgaben nur mit Hilfe der europäischen Gelder erfüllen können. Kaum eine Kommune kann es sich leisten,  eine Schule ohne europäische Gelder zu sanieren, Schulsozialarbeiter zu beschäftigen oder andere selbstverständliche Dinge zu tun. Es ist schön, wenn Geld von außen kommt. Es wäre aber schöner, wenn man es selbst aufbringen könnte.

 

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Über meine Vorhaben habe ich ja bereits bei einer ähnlichen Frage gesprochen. Um nun das Wie zu beantworten, kann ich nur sagen: durch harte Arbeit in den Möglichkeiten, die man in der Politik hat.

 

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Ich sehe überwiegend Chancen für unser Land. Wir sind quasi ein entvölkerter Landstrich. Seit der Wende verlieren wir Einwohner. Das hat Auswirkungen auf unsere Infrastruktur. Schulgebäude sind übrig, der öffentliche Personennahverkehr wird ausgedünnt, ganze Wohngebiete in den Städten werden abgerissen, Theatern fehlen die Zuschauer. Allein durch Geburtensteigerungen können wir den Trend nicht aufhalten, zumal sich Derartiges auch nicht anordnen lässt. Es ist also zu begrüßen, wenn Menschen zu uns kommen. Nun bin ich nicht so blauäugig um nicht zu sehen, dass es bei unseren Mitmenschen doch zum Teil große Vorbehalte gegenüber den neuen Nachbarn gibt. Da hilft nur Aufklärung und Schaffen von Berührungsmöglichkeiten. Natürlich muss man den diffusen Ängsten der Bevölkerung auch dadurch begegnen, indem man glaubhaft verdeutlicht, dass sich alles staatliche Handeln auf der Basis des Grundgesetzes und der Verfassung bewegt und wir auch genau dessen Einhaltung von unseren neuen Nachbarn fordern. Unter dem Deckmantel von Toleranz dürfen wir nicht unsere geltenden Spielregeln des Zusammenlebens außer Kraft setzen. Und die Flüchtlinge selbst müssen so früh wie möglich Angebote für das Erlernen der deutschen Sprache wahrnehmen können denn dies ist der Schlüssel zu jeglicher Integration. Schon in den Erstaufnahmestellen kann eine grobe Prüfung der Qualifikation vorgenommen werden, um dies auch bei der Verteilung übers Land zu beachten und gut ausgebildete Menschen in den Regionen unter zu bringen, wo sie relativ schnell auch eine berufliche Perspektive für ihre Qualifikation finden können. Eine besondere Herausforderung ist natürlich auch die Unterbringung der vielen Menschen, die auf einmal zu uns kommen. Sie sollten so schnell es geht in individuellen Wohnraum ziehen können, um aus diesen lagerähnlichen Gemeinschaftsunterkünften raus zu kommen. Dann können die Hotels, Turnhallen und welche Gebäude auch immer dazu zweckentfremdet werden, wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.

 

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Also ich vor ein paar Jahren anfing in Bernburg zu arbeiten, rühmte sich die Stadt der Tatsache, dass sie nahezu schuldenfrei sei. Das nötigte mir als Bewohnerin der ständig klammen Stadt Halle großen Respekt ab. Anfang des Jahres gab es auch in Bernburg Haushaltssperren wegen nicht genehmigter Haushalte. Bernburg ist da exemplarisch für viele Kommunen im Land. Damit eine Stadt, eine Gemeinde etwas für sich selbst tun kann, muss sie auskömmlich finanziert sein und nicht durch immer mehr Aufgaben des Landes, ohne dass denen finanzielle Mittel folgen, belastet werden. Eins meiner Themen ist also die gerechte Finanzierung der Arbeit der Kommunen vor Ort. Dazu gehört auch die Beseitigung des Flurschadens, den das neue KiFöG in den kommunalen Haushalten hinterlassen hat.

 

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Es gibt viele schöne Orte in Sachsen-Anhalt. Natürlich zählt meine Heimatstadt Halle auch dazu. Wenn ein Lieblingsort jedoch zu einem solchen wird, weil man da die schönsten Erlebnisse hatte, dann muss ich hier eine kleine Gemeinde im Saalekreis erwähnen, Salzmünde. Seit nunmehr 30 Jahren bin ich mit dieser Gemeinde verwurzelt durch meinen Pferdesport. Ich habe dieses Dorf zu DDR-Zeiten kennengelernt, aufblühen gesehen nach der Wende und gehöre quasi dort zum Inventar.  Und so richtig zum Liebling macht es den Ort für mich, weil dort meine beiden Pferde wohnen und diese Tiere mir den so wichtigen Ausgleich zum beruflichen politischen Geschehen bieten.