Interview Mareen Kelle (Linke) - Wahlkreis 25

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

seit meiner Geburt


Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach dem Abitur habe ich Bürokauffrau in einem mittelständischen Unternehmen im Landkreis Wittenberg gelernt, welches unter anderem Abbruch- und Demontagearbeiten sowie Schadstoffsanierungen durchführte. Die dort auch durchgeführten Tagebaurekultivierungen weckten speziell meine Interessen am Bergbau-, Umwelt- und Abfallrecht.

Nach dieser Ausbildung war ich längere Zeit arbeitssuchend. In dieser Zeit durfte ich eine ABM-Maßnahme in einem Altenheim durchführen. Diese Zeit, mit den dort lebenden alten Menschen, war für mich eine wertvolle, erfahrungsreiche Zeit, die ich nicht missen möchte.


Mit dem Wiedereinstieg in meinen Beruf konnte ich verschiedenste Tätigkeitsfelder ausführen und Erfahrungen darin sammeln, was den beruflichen Alltag sehr abwechslungsreich gestaltet. Dies betrifft neben den allgemeinen Büroorganisationsarbeiten, die Buchhaltung, das Personalwesen mit Entgeltabrechnung, die Bauleitungsassistenz, das Qualitätsmanagement und das Abfallrecht, um nur einige Felder zu benennen. Diese Erfahrungen gebe ich als Ausbilderin gern weiter.


Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Ursprünglich war ich ehrenamtlich in einem Verein organisiert, welcher sich natürlich auch, wie so viele andere, mit all den Problemen herumschlagen musste, die eben bei einem gemeinnützigen Verein so auflaufen: Fördermittelbeantragungen, Landesvorgaben und viel zu wenig Zeit und Hände für viele zu erledigende Aufgaben. Es hat mich massiv gestört, dass die Politik den Menschen, die sich ehrenamtlich arrangieren wollen, riesige Hürden in den Weg legt und Lasten auferlegt, worüber ich mich auch öffentlich beschwerte. Als Erwiderung bekam ich von einem Politiker: „Dann geh doch selber in die Politik und versuche es zu ändern“. Dies tat ich dann auch.


Was treibt Sie an?

Mein Wille und Ehrgeiz etwas Positives für die Bürgerinnen und Bürger bewegen zu wollen, mein Interesse auch knifflige Problemlagen zu meistern und Lösungen zu finden, meine Heimatverbundenheit und meine Familie treiben mich an.


Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Aufgrund des in letzten Jahren politisch verursachten Abwärtstrends in der Entwicklung Sachsen-Anhalts möchte ich mich als Mitglied des Landtages gegen die entstandene Abwärtsspirale im Bundesland einsetzten. Eine schrumpfende Bevölkerung darf nicht automatisch zu einem Schrumpfen in den Mittelzuweisungen an die Kommunen oder der Reduzierung von Finanzierungen in die Infrastrukturen vor Ort, wie dem Schließen von Schulen, führen. Dies ist kontraproduktiv. In Sachsen-Anhalt müssen gerade Maßnahmen ergriffen werden, damit Menschen unser Bundesland wieder attraktiv finden, nicht wegziehen, sondern zu uns ziehen. Es müssen Anreize geschaffen werden, damit sich in Sachsen-Anhalt neue Unternehmen gründen oder sich hier ansiedeln wollen.



Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Entgegen der Kampagne „Wir stehen früher auf“, hat unsere Landesregierung in den letzten Jahren doch so einiges verschlafen. Unser Bundesland bei verschiedensten Umfragen im Bundesvergleich immer wieder auf den untersten Plätzen zu finden, ist enttäuschend.

Allerdings ist z. B. mit der Reformation von uns auch wirklich Großartiges ausgegangen, woran Sachsen-Anhalt nicht nur mit Blick auf das Jahr 2017 zehren kann. Die ganze Welt wird auf unser Bundesland schauen. Es wird kulturell wahrgenommen, aber auch als Wirtschaftsstandort, als neuer Wohnort, neues Zuhause. Die Sanierung einzelner Gebäude fördert schon jetzt die Unternehmen in den entsprechenden Regionen. Mit Blick auf die Zukunft entsteht eine Wertschöpfung durch den Erhalt bedeutender Kulturgüter. Und dies bringt nicht nur Vorteile für den Tourismus, sondern auch für die Unternehmen und den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern.



Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Meine politischen Zielstellungen liegen in der Entwicklung des ländlichen Raumes, der Natur und der Umwelt. Hierunter fallen unter anderen die Weiter- bzw. Neuentwicklung der Infrastrukturen im ländlichen Raum mit dem Ausbau des ÖPNV, der Erhalt von kleineren Kitas und Schulen, der Erhalt und Neubau von Spielplätzen, Sporteinrichtungen und Vereinsräumen, die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Einkaufsmöglichkeiten und medizinischer Betreuung sowie einer Notversorgung über den Rettungsdienst. Die Arbeit der Bauern und der kleinen sowie mittelständischen Unternehmen, wie auch das Ehrenamt sollte durch Förderungen unterstützt werden. Dies gilt ebenso beim Tourismus.

Weiterhin bedarf es gerade im ländlichen Raum einer ökologisch verträglichen Bewirtschaftung von Wiesen, Felder und Flüssen, einem ausgewogenen Hochwasserschutz und einem besonderem Schutz und Unterstützung der Naturparks mit den Bürgern und für die Bürger. Diese Zielstellungen möchte ich gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürger umsetzen in Sachsen-Anhalt umsetzen und nicht an ihnen vorbei.



Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?


Die humanitäre Katastrophe, welche sich derzeit auf der Welt abspielt, ist verheerend. Es kommen Menschen zu uns, die vor Krieg fliehen oder auch wirtschaftlich nichts mehr in ihrem eigenen Land zu verlieren haben. Diesen muss geholfen werden. Problematisch ist für mich vor allem die massive Spaltung der Gesellschaft und der Fremdenhass, nicht aber die zu uns kommenden Menschen. Das Recht auf Asyl ist im Grundgesetz verankert. Wenn Bürgerinnen und Bürger vor dem Neuen, was auf sie zukommt, vor den für sie fremden Kulturen und Sprachen Angst haben, ist dies durchaus normal. Allerdings sollte sich niemand vor diesem Unbekannten verschließen, sondern offen für Neues sein. Die Flüchtlinge einmal kennenlernen, ihre Kultur kennen lernen, ihnen helfen, sich bei uns zurecht zu finden, sollte für jeden eine Selbstverständlichkeit sein. Vielleicht haben viele auch Eltern oder Großeltern, welche nach dem 2. Weltkrieg flüchten mussten und bringen doch Verständnis für diese Situation auf. Die Landkreise stemmen derzeit meisterhaft die Unterbringung und Versorgung. Dass es hier und da zu Reibereien kommt, weil so manches nicht ganz rund läuft, ist auch normal. Für entsprechendes Personal zur Betreuung muss allerdings gesorgt werden. Der Wohnungsbau für die Errichtung bezahlbarer Wohnungen muss vorangetrieben werden, nicht nur für die Flüchtlinge. Dass Landkreise zum Teil wieder Gebäude sanieren, die sonst verfallen wären und neue Immobilien kaufen, empfinde ich als äußerst positiv. Auch wenn wir durch die Entwicklung auf der Welt davon ausgehen müssen, dass diese Menschen für eine lange Zeit bei uns verweilen, werden diese Gebäude nicht immer Notunterkünfte bleiben, sondern stehen im Anschluss der Bevölkerung wieder zur Verfügung. Wir haben noch sehr viel Platz im Land und bin davon überzeugt, dass wir diese Situation meistern werden.


Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Mein Wahlkreis liegt in einer der ländlichen Regionen im Sachsen-Anhalt. Landwirtschaft, Tourismus, kleine und mittelständische Unternehmen, aber wenige Industriebetriebe bilden die Lebensgrundlage der Bürgerinnen und Bürger. Das Aufgabenspektrum hier ist umfangreich. Es gilt die Kommunen zu stärken und für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen, die Versorgung mit Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten, Kitas und Schulen für hier lebende Bevölkerung zu sichern, die einzelnen Wirtschaftszweige zu fördern. All das, was nötig ist, um ein Leben in dieser Region angenehm zu gestalten, um das Aussterben der Dörfer zu verhindern, um Perspektiven und Grundlagen für eine positive Entwicklung für meinen Wahlkreis zu schaffen.


Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Ich habe keinen speziellen Lieblingsort in Sachsen-Anhalt. Alle Orte in unserem Bundesland weisen verschiedensten Besonderheiten auf, kulturell geschichtlich oder vom Aussehen und der Lage her auf die Landschaft bezogen. Diese Besonderheiten landen zum Wohlfühlen ein, regen zum Staunen an und es ist lohnenswert, sie sich anzusehen und dort zu verweilen, je nach Gemütslage.