Interview Sarah Heinemann

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich bin hier vor 27 Jahren geboren worden.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Ich habe 2014 mein Studium beendet und bin Sprechwissenschaftlerin. Das heißt, dass ich freiberuflich Rhetorik und Sprecherziehung unterrichte. Seit meinem Masterabschluss schreibe ich an meiner Doktorarbeit, die ich mir seit Kurzem durch ein Promotionsstipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung finanzieren kann.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Die Hochschulproteste 2013 haben mich dazu gebracht. Ich habe damals im Ausland studiert und war sehr erschüttert von der Kürzungspolitik in Sachsen-Anhalt. Daraufhin habe ich beschlossen mich aktiv einzubringen, um etwas zu verändern. Also bin ich in die Partei DIE LINKE. eingetreten und engagiere mich seitdem für sie, zum Beispiel als Mitglied des Stadtvorstandes oder als sachkundige Einwohnerin im Stadtrat.

Was treibt Sie an?

Meine eigenen Erfahrungen treiben mich an. Ich weiß, wie es ist, in prekären Beschäftigungsverhältnissen, mit Minijobs und Hartz IV leben zu müssen. Und ich weiß, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben und für bessere Lebensverhältnisse zu kämpfen.
Außerdem hat mich die Kunst stets begleitet. Ich bin zum Beispiel selbst seit vielen Jahren an der Oper Halle als Statistin in so mancher Inszenierung dabei gewesen und sehe wie schwer es ist Kunst zu machen, wenn kein Geld da ist.

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Ich möchte mich unter anderem dafür einsetzen, dass die Kürzungen im Kultur- und Hochschulbereich zurückgenommen werden, dass die Vielfalt der Studiengänge beibehalten wird und das befristete Arbeitsverträge abgeschafft und gerechte Löhne und Honorare auch an den Hochschulen Einzug halten.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Irgendwie hatte ich immer den Eindruck, dass Sachsen-Anhalt vergessen wird. Wenn ich Menschen aus anderen Bundesländern erzähle, woher ich komme, ernte ich bisweilen sogar Mitleid. Das ist kein schönes Bild von einem Bundesland, das genauso viel Potenzial hat wie andere Bundesländer. Wir haben großartige Universitäten, eine wunderbare Kulturlandschaft und vieles mehr. Nur leider wurde das alles bisher sträflich vernachlässigt und verkannt. Ich würde mir wünschen, dass sich Sachsen-Anhalt zu einem Bundesland entwickelt, in dem man gerne leben und bleiben möchte. Und ich möchte, dass sich Sachsen-Anhalt nicht mehr hinter anderen Bundesländern verstecken muss. Das geht aber nur, wenn zum Beispiel bisherige politische Entscheidungen wieder rückgängig gemacht werden (Hochschulkürzungen etc.).

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Ich möchte, dass Sachsen-Anhalt lebenswert wird und bleibt. Welche konkreten Aufgaben ich damit verbunden sehe, habe ich schon gesagt. Wir brauchen sichere Lebensverhältnisse, um unsere individuellen Zukunftspläne auch ausgestalten zu können. Es müssen Anreize geschaffen werden, damit sich gut ausgebildete Fachkräfte ein Leben hier vorstellen können. Einsparungen im beispielsweise Bildungsbereich und bei den Kitas sind also der falsche Weg.

strong>Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Ich bin der Meinung, dass es die Menschlichkeit gebietet zu helfen – unabhängig davon, woher die Menschen kommen, die Hilfe benötigen. Gerade Deutschland sollte sich dieser Pflicht bewusst sein. Ich sehe eine große Chance darin, nach außen zeigen zu können, dass wir aus den Taten unserer Vergangenheit gelernt haben und nun Vorbild für Menschlichkeit sein können. Natürlich ist es eine Herausforderung, diese vielen Menschen gut zu betreuen. Und ich bin froh, dass wir zahlreiche Helferinnen und Helfer haben, die sich einbringen. Auch sie brauchen dringend unsere Unterstützung und dürfen nicht dem Hass und den Drohungen von Menschen mit rechter Gesinnung ausgesetzt sein. Ich nehme die Sorgen der Menschen ernst, aber habe kein Verständnis für Hass, Gewalt, Gerüchte und das Wiederaufleben alter Parolen. Ich unterstütze jede Form friedlichen Protests gegen rechtes Gedankengut und gegen politische Entscheidungen wie zum Beispiel Waffenexporte und Asylrechtsverschärfungen.

Was möchten Sie als Abgeordnete des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Zu meinem Wahlkreis gehören folgende Gebiete: Gesundbrunnen, Heide-Süd, Industriegebiet Nord, Kröllwitz, Lutherplatz/Thüringer Bahnhof, Ortslage Trotha, Saaleaue und die Südliche Innenstadt. Das sind Gebiete, in denen zum Beispiel viele junge Familien leben. Da ich mich für soziale Gerechtigkeit einsetzen möchte, bedeutet das, dass Kitas und Schulen finanziell und personell gut ausgestattet werden müssen, damit eine gute frühkindliche Bildung und Schulbildung möglich gemacht werden kann.
Durch meinen Wahlkreis schlängelt sich die Saale. 2013 haben wir das deutlich zu spüren bekommen. Und seitdem wird über den Hochwasserschutz diskutiert. Es sind Überflutungsflächen notwendig, aber auch Richtlinien für das Bauen in hochwassergefährdeten Lagen, sofern es zwingend notwendig und nicht vermeidbar ist, dort zu bauen. Auch die Saaleauen müssen erhalten werden. Sie sind nicht nur ein Erholungsgebiet, sondern auch ein Lebensraum für zahlreiche Tiere.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Natürlich liegt mir Halle sehr am Herzen. Schließlich bin ich hier aufgewachsen und lebe und forsche hier. Ich besuche aber auch sehr gern den Harz mit seinen vielen reizvollen Fachwerkstädtchen und seinen Wäldern.