Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

22 Jahre.

 

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück? 

Abitur in Bielefeld, Medizinstudium und Promotion in Würzburg, Facharztausbildung MLU Halle, seit 14 Jahren ambulant praktizierender Kinderarzt in der Poli-Reil,

seit 7 Jahren Mitglied im Stadtrat, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses , Mitglied im Kulturausschuss, Aufsichtsratsmitglied der HAVAG und der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle.

 

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Notorischer Hang zum Einmischen, sensibel im Bereich sozialer Ungerechtigkeiten, Empörung über den zum Glück gescheiterten Versuch, die Deutsche Bahn zu privatisieren.

 

Was treibt Sie an?

Ein faires gesellschaftliches Miteinander gut zu gestalten.

 

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Kommunalpolitik und Landespolitik besser zu vernetzen...

...damit Rationalisierung nicht in sinnlose Sparwut mutiert und man nicht versucht, ohne Konzept unsere Kultureinrichtungen und Universität klein zu sparen, um am Ende festzustellen, dass der Landeshaushalt noch Reserven von 50 - 100 Millionen Euro hat.

...damit gut gemeinte Gesetze wie das KiFöG nicht als bürokratisches Monster enden und die Menschen mehr verärgern als ihnen nutzen.

... damit die Jugendhilfe in Halle so organisiert wird, dass wir eine Antwort finden auf die prekären Lebensumstände ca. 30% aller Kinder und Jugendlicher in Halle.

 

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Ganz Mitteldeutschland hat ein reiches kulturelles Erbe. Das macht unsere Region attraktiv. Natürlich kann Sachsen-Anhalt nicht die Wirtschaftskraft von Baden-Württemberg oder Bayern bieten, aber auch wir entwickeln uns weiter. Insbesondere die sinnvolle Verknüpfung von Forschung und daraus resultierender wirtschaftlicher Nutzung wird in Halle bereits gut praktiziert. Für vorhandene Betriebe und Firmen muss ein gutes Umfeld geschaffen werden. Unsere Landwirtschaft muss sich Richtung Ökologie und Nachhaltigkeit entwickeln. Das stark vertretene Dienstleistungsgewerbe muss so gestaltet werden, dass die Menschen von ihren Löhnen gut leben können. Damit wären wir gut aufgestellt.

 

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Siehe die beiden vorherigen Punkte!

Allerdings lieber mit den Erinnerungen von Willy Brandt im Gepäck als mit meinen Erinnerungen an Gerhard Schröder.

 

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Obwohl wir schon lange wissen, wie verheerend der Krieg in Syrien ist, wie verfahren die Situation im Nahen Osten schon seit vielen Jahren ist und dass viele Menschen nicht nur aus diesen Regionen auf der Flucht sind, war ich über die extrem hohe Flüchtlingszahlen überrascht. Menschen in Not und auf der Flucht vor Krieg und Gewalt müssen wir helfen. Wenn allerdings Jahr für Jahr eine Million und mehr Menschen aus einer anderen Kultur in unser Land einwandern, sind wir irgendwann überfordert. Der Flüchtlingsstrom muss gebremst werden. Also müssen die Fluchtursachen bekämpft werden und Zufluchtsorte in ihrer heimatlichen Region geschaffen werden. Zudem werden diese Menschen zum Wiederaufbau in ihrer Heimat benötigt. Somit müssen nicht alle Flüchtlinge für immer in Deutschland bleiben.

Es ist eine große Herausforderung, die Flüchtlinge, die hier sind primär zu versorgen und ein noch größere sie in unsere Gesellschaft und unseren Arbeitsmarkt zu integrieren. Natürlich sind junge Menschen eine Bereicherung für unsere überalterte Gesellschaft. Allerdings sagen Experten, dass in 5 Jahren maximal 10% der Migranten in den Arbeitsmarkt integriert sein werden. Zudem werden Migranten um Arbeitsplätze und  Wohnraum  nicht mit dem oberen Drittel sondern eher dem unteren Drittel unserer Gesellschaft konkurrieren. Wir müssen verhindern, dass die sozial Schwächeren die Hauptlasten der Integration tragen. Somit brauchen wir mehr Wohnraum, mehr Lehrer und mehr KiTa-Plätze, damit dies nicht geschieht.

In den 80iger und 90iger Jahren hatte man in Westdeutschland das Problem gescheiteter Integration unterschätzt. Es wurde fröhlich von "Multikulti" geplappert, aber die Gefahr von Parallelgesellschaften und vielen anderen Fehlentwicklungen mangelnder Integration wurde übersehen. Dies darf sich nicht wiederholen. Wer die Grundregeln unserer freiheitlichen Gesellschaft, die Trennung von Staat und Religion, Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht respektiert, der ist hier fehl am Platz.

Schön, dass viele Mitbürger den Flüchtlingen wohl gesonnen sind. Bitter, dass einigen, die anders denken und vielleicht größere Befürchtungen haben, nichts besseres einfällt als Parteien zu stärken, die Ressentiments, Hass und Aggression predigen. Fragt sich, ob wir eine Schönwetterdemokratie sind oder doch mehr aushalten?

 

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Siehe Frage 5 und 6.

 

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Da gibt es mehrere,

z.B. in Halle der Innenhof der neuen Residenz,

im Saalekreis Schloss Ostrau mit Park 

und noch weiter weg von der Stiftskirche in Quedlinburg/Schlossberg der Blick in den Harz ...