Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?
Hier in Merseburg lebe ich seit 1974.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?
• 1976 machte ich Abitur an den Spezialklassen der damaligen TH Merseburg.
• bis 1980 studierte ich Ökonomie an der TH Merseburg, Abschluss: Dipl.- Ing.- Oec.
• 1980- 1992 arbeitete ich als Assistentin und Oberassistentin an der TH Merseburg
und promovierte dort 1986 zum Dr. oec.
• 1992- 02/2007 war ich als Geschäftsführerin der Soziales Betreuungswerk gGmbH in
Merseburg tätig und realisierte hier die Entstehung und Entwicklung einer
Einrichtung der Behindertenhilfe für suchtkranke Menschen.
• Seit 2006 arbeite ich als Mitglied der SPD-Landtagsfraktion im Landtag von Sachsen-
Anhalt

Wie sind Sie zur Politik gekommen?
1990 stellte ich mich erstmals zur Wahl, damals für den Stadtrat Merseburg. Ich
wollte die Entwicklung meiner Heimatstadt mit gestalten.

Was treibt Sie an?
Ich will Dinge verbessern, im Interesse aller. Dabei ist es sehr schwer, gegensätzliche
Vorstellungen zu einem gemeinsamen und für alle Seiten akzeptierbaren Resultat zu
bringen. Oft stellen Verhandlungsergebnisse nur den kleinsten gemeinsamen Nenner
der Beteiligten dar, und aus dem geplanten „großen Wurf“ wird nur ein kleiner
Kompromiss. Hier immer das Beste zu versuchen, andere zu überzeugen, mich
einzusetzen für die Menschen, auch das ist mir wichtig.

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?
In dieser Legislaturperiode haben wir das neue Kinderfördergesetz auf den Weg
gebracht, das seit kurzem auch weitgehend verfassungsrechtlich bestätigt wurde.
Dazu habe ich bereits viele Gespräche geführt und setze mich weiterhin für die
Überarbeitung des KiFöG in Abstimmung mit den Kita-Betreibern und Kommunen
ein.
Wichtig ist mir, dass alle Menschen in unserem Land gleichberechtigt mit- und
nebeneinander leben können und die gleichen Chancen bekommen – Stichwort
Inklusion. Wir denken viel zu wenig daran, dass alles, was Menschen mit
Behinderungen hilft, auch gut zum Beispiel für Familien, Kinder oder Personen mit
geringen Sprachkenntnissen oder Lesefähigkeiten ist. Dies in allen Arbeitsbereichen
und auf allen Ebenen im Blick zu behalten, immer wieder anzumahnen und dafür
Bewusstsein bei nicht Betroffenen zu entwickeln, will ich gern fortsetzen.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa, und welche
Perspektiven sehen Sie für das Land?

„Sachsen-Anhalt ist das am meisten unterschätzte Bundesland“, sagt Katrin Budde,
unsere Spitzenkandidatin. Das sehe ich auch so!
Wir haben eine großartige Geschichte als die Wiege Deutschlands, eine reizvolle
Natur von Mittelgebirge bis Tiefland, und wir haben neben bedeutenden
Industrieansiedlungen auch eine gut aufgestellte Land- und Forstwirtschaft. Wir
müssen diese Stärken weiter entwickeln und besser vermarkten.

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?
Die nächste Legislatur wird auch davon geprägt sein, die Rahmenbedingungen für die
Integration unserer neuen ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu schaffen
und mit Leben zu erfüllen. Das umfasst alle Bereiche der Gesellschaft und ist letzten
Endes auch eine Form von Inklusion. Wir müssen es schaffen, dass wir für alle
Menschen da sind und allen zeigen, dass sie uns wichtig sind und wir ihre Probleme
und Ängste ernst nehmen und Lösungen für alle finden – daran will ich weiter
mitarbeiten – im Landtag und vor Ort in meinem Wahlkreis.

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen
Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie, und wie möchten Sie darauf
reagieren?

Der schnelle und zur Zeit noch sehr unkoordinierte Zuzug großer Menschengruppen
mit zum Teil ganz anderen Lebenserfahrungen stellt uns alle vor beträchtliche
Herausforderungen. Wie viele Mitbürgerinnen und Mitbürger bin ich der Meinung,
dass wir die Flüchtlinge nicht einfach ihrem Schicksal in den Kriegsgebieten
überlassen können – wir haben eine mitmenschliche Verantwortung zu helfen! Vor
Ort muss es uns zuerst gelingen, diese Menschen auch menschenwürdig
unterzubringen und ihnen die Chance zu geben, hier anzukommen und ihr neues
Umfeld kennen- und verstehen zu lernen.
Es gibt viele Chancen, die sich aber erst auf den zweiten Blick zeigen und auch erst
längerfristig ihre Wirkung in Sachsen-Anhalt entfalten. Wir sind eines der
Bundesländer, in dem überdurchschnittlich viele ältere und alte Menschen leben.
Dazu kommt, dass viele von denen, die früher Arbeit in anderen Bundesländern
gefunden haben, jetzt im Alter wieder in die Heimat kommen, um hier ihren
Lebensabend zu verbringen. Für alle werden Angebote der Daseinsvorsorge und
Unterstützung gebraucht. Aber dafür fehlen uns inzwischen an allen Ecken die
entsprechenden Fachkräfte. Unsere Handwerker suchen händeringend nach
Auszubildenden, Pflegedienste und Pflegeheime brauchen dringend (mehr) Personal
… Nicht nur hier können ausländische Mitbürger eine große Lücke schließen! Und in
die Zukunft gedacht: Mit einer guten Ausbildung haben diese Menschen auch eine
realistische Chance, in ihrer Heimat später wieder Fuß zu fassen und sich dort ein
sicheres Leben aufzubauen. Auch dafür, dass das möglich wird, müssen wir mit aller
Kraft sorgen.

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?
Ich möchte weiter als Ansprechpartnerin für die Bürgerinnen und Bürger, die Vereine,
Unternehmen und Institutionen da sein und ihre Hinweise und Anregungen in die
Arbeit im Landtag einfließen lassen. Wichtig ist mir das Fortsetzen der von mir
angeschobenen bzw. unterstützten (sozialen) Projekte vor Ort, wie die Arbeit der
Geschichtswerkstatt Merseburg und meines AWO-Stadtverbandes sowie die
Sterntaler- und Zuckertüten-Aktionen. Und ich will den Neubau der
Umgehungsstraße für Merseburg-Süd weiter begleiten. Und im Saalekreis muss
Inklusion als selbstverständlicher Bestandteil der Gesellschaft weiter verankert
werden.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?
Als Landtagsabgeordnete habe ich viele tolle, interessante und erstaunliche Ecken
unseres Landes kennen gelernt. Wenn man, wie ich, allerdings sehr viel unterwegs
ist, ist mir der schönste und liebste Ort einfach Zuhause.