Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Knapp 20 Jahre

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Diplom-Sprachmittlerin für Spanisch und Russisch

1,5 Jahre Auslandstätigkeit in Spanien (Dozentin für Deutsch als Fremdsprache, Übersetzerin/Dolmetscherin)

15 Jahre selbstständig als Dolmetscherin/Übersetzerin sowie Dozentin (Spanisch/Russisch/Deutsch als Fremdsprache, Dolmetschen/Übersetzen)

3,5 Jahre Vertretungsprofessorin an der FH Magdeburg-Stendal für Fachdolmetscher und Übersetzer

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Den Anstoß für mein politisches Engagement gaben mir die Kürzungspläne der schwarz-roten Landesregierung vor allem im Hochschulbereich im Sommer 2013. Im Herbst habe ich meine Bereitschaft für eine Kandidatur zu den Kommunalwahlen 2014 für DIE LINKE erklärt und bin seit Dezember 2013 Mitglied der Partei DIE LINKE. Im Ergebnis der Kommunalwahlen 2014 bin ich Mitglied und Fraktionsvorsitzende im Kreistag Saalekreis, im Gemeinderat Kabelsketal und Ortschaftsrat Großkugel.

Was treibt Sie an?

Sozialer Ungerechtigkeit, Benachteiligung und Ausgrenzung entgegenzutreten, ist für mich die Grundmotivation meines politischen Handelns.

Armut und prekäre Lebensverhältnisse haben viele Gesichter. Zuallererst denke ich dabei an jene Bürgerinnen und Bürger, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind. Aber auch zahlreiche Berufstätige leiden unter sehr schwierigen Lebens- und Arbeitsverhältnissen. Denn nicht jeder Arbeitsplatz ist auskömmlich. Insbesondere in der Logistik und Dienstleistungsbranche sind die Verdienstmöglichkeiten häufig sehr schlecht. Ständige Nachtarbeit bei DHL, Dauerstress und überhöhter Leistungsdruck, Leiharbeit und Befristungen in anderen großen Unternehmen sind menschenunwürdig und haben schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und die Familienplanung vor allem junger Menschen. Wir brauchen gut bezahlte Arbeitsplätze, unbefristete Arbeitsverhältnisse und die Abschaffung von Leiharbeit, damit die Menschen mit all ihren Fähigkeiten und ihrem Potenzial in der Region bleiben.

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Die Landespolitik muss die finanziellen Rahmenbedingungen für die den Kommunen übertragenen Aufgaben schaffen. Bürgerinnen und Bürger vor Ort sollen demokratisch mitwirken können. Voraussetzung dafür ist die Transparenz von Entscheidungsprozessen. Hier besteht ein erhebliches Defizit.

Ein Schwerpunkt meiner politischen Arbeit soll der Themenbereich Energie sein. In der Kohleregion Mitteldeutschlands mit allen ökologischen Folgen fossiler Brennstoffe groß geworden, sehe ich die Gestaltung der Energiewende unter sozialen und ökologischen Aspekten als wesentlich an. Windräder und Solaranlagen sind inzwischen zum deutlich sichtbaren Zeichen der Energiewende in Sachsen-Anhalt geworden. Mit der gegenwärtigen Diskussion um die (Nicht-)Schließung von Kohlekraftwerken bzw. die Einrichtung sogenannter Notreserven bleiben die Bemühungen um eine drastische Reduzierung von CO2-Emissionen erneut auf der Strecke. Hier setze ich mit aller Konsequenz auf den Ausstieg aus der Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen, damit unsere Umwelt nachhaltig geschützt und der Klimawandel gebremst wird. Eigenes Nichthandeln mit Umweltsünden anderer zu rechtfertigen, ist nicht akzeptabel.

Der weitere Ausbau erneuerbarer Energien muss dabei vor allem den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zugutekommen. Deshalb setze ich mich für dezentrale Versorgungsmodelle ein. Gleichzeitig sind Energieeffizienz, -einsparung sowie energetische Gebäudesanierung zum Schutz von Klima und Umwelt unabdingbar.

Auch der Verbraucherschutz muss gestärkt werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren sowie vor Benachteiligung gegenüber Produzenten und Dienstleistern besser geschützt sind.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Die Entwicklung Sachsen-Anhalts stagniert seit vielen Jahren. Das Land bildet bei der wirtschaftlichen Entwicklung das Schlusslicht in Deutschland. Die verfehlte Finanzpolitik der jetzigen Landesregierung, die Schuldentilgung als vorrangiges Ziel sieht, behindert die Landesentwicklung, weil wichtige Investitionen in die Zukunft ausbleiben und damit eine stabile Daseinsvorsorge gefährdet wird. Auch diese nicht erledigten Aufgaben des Landes sind Schulden, die künftige Generationen belasten. Erst zukunftsweisende Investitionen werden dafür sorgen, dass Sachsen-Anhalt mit seinem vorhandenen Human-, Kultur- und Landschaftspotenzial in Deutschland und auch in Europa wieder an Bedeutung gewinnt.

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Als Landtagsabgeordnete will ich mich auf Landesebene aktiv dafür einsetzen, dass die Zukunft Sachsen-Anhalts durch Investitionen wieder ausgewogen entwickelt wird und die Kommunen auskömmlich finanziert werden, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Wir müssen dafür sorgen, dass Sachsen-Anhalt lebenswert wird und sich Menschen dafür entscheiden, hier zu leben

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge?

Die Aufnahme von Flüchtlingen sehe ich als Gebot der Menschlichkeit und als Erfüllung von Rechtsansprüchen, die sich aus dem Grundgesetz, der europäischen Charta für Menschenrechte sowie der UN-Flüchtlingskonvention ergeben. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen. Solange die Ursachen für Flucht und Vertreibung, wie Waffenexporte, der Kampf um Ressourcen, Umweltzerstörung, falsche Förderpolitiken und damit eine falsche Entwicklungspolitik Deutschlands und der EU existieren, wird es Flüchtlinge geben, die auch den Weg hierher suchen.

Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Mit der Zuwanderung von Flüchtlingen wird unser Land beweisen müssen und können, ob es sich kulturell öffnen und Weltoffenheit leben kann. Die Zivilgesellschaft zeigt aktuell, dass sie solidarisch und hilfsbereit und damit zutiefst demokratischen Grundwerten verpflichtet ist. Das Engagement vieler ehrenamtlicher Helfer beweist, dass hier diese Werte gelebt werden. Doch nicht immer findet dieses Engagement die erforderliche Anerkennung. Dies gilt im Übrigen nicht erst seitdem Flüchtlinge zu uns kommen. Die Vernetzung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen offiziellen Einrichtungen und ehrenamtlichen Akteuren muss überall das Ziel zur Bewältigung der Aufgaben sein.

Sowohl vom Land als auch vom Bund sind den Städten und Landkreisen die Kosten für die Erfüllung der Aufgaben zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zu erstatten. Hier muss der Anteil vom Land aufgestockt werden. Die Kommunen benötigen aber auch organisatorische Unterstützung und die Chance, mit Kreativität und Flexibilität Probleme zu lösen.

Auf keinen Fall dürfen sozial benachteiligte Menschen und Flüchtlinge gegeneinander ausgespielt werden. Hier stehen die Politik und insbesondere die Kommunikation in einer besonderen Verantwortung, der sie auch nachkommen muss. Deshalb ist auch eine Unterschreitung des Mindestlohnes für Flüchtlinge, wie von Unternehmern gefordert, absolut inakzeptabel.

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Mein Grundanliegen ist es, Politik mit den Menschen und nicht über ihre Köpfe hinweg zu gestalten. Dies erfordert Transparenz und demokratisches Miteinander. Nur so kann Politikverdrossenheit verhindert werden. Dazu gehört meine Präsenz im Wahlkreis, den Menschen mein Ohr für Ihre Anliegen, Sorgen und Nöte zu leihen und den Dialog mit ihnen sowie den Entscheidungsträgern zu suchen und die Rahmenbedingungen zur Lösung der vor Ort vorhandenen Probleme zu schaffen

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Elsteraue bei Raßnitz mit Raßnitzer und Wallendorfer See