Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich wurde am 19. Dezember 1968 in der Lutherstadt Wittenberg geboren und bin mit meinen beiden Schwestern in Pretzsch an der Elbe aufgewachsen. 

Nach meinem Studium in Leipzig habe ich zusammen mit meinem Mann und meinen beiden Kindern 18 Jahre in Belgien gelebt. Seit 2 Jahren lebe und arbeite ich in Sachsen-Anhalt, da beide Kinder hier studieren und mein Mann als gebürtiger Altmärker ebenfalls wieder nach Hause wollte.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Ich habe eine Ausbildung zum  Facharbeiter für Tierproduktion, Spezialisierung Rinderzucht absolviert und danach Veterinärmedizin studiert. Nach einigen Jahren als praktische Tierärztin habe ich eine Ausbildung für den höheren Veterinärdienst in NRW absolviert und 13 Jahre als amtliche Tierärztin im Kreis Heinsberg gearbeitet. Seit März 2014 arbeite ich als Tierseuchenreferentin im Landwirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Mein Studium in Leipzig begann im Herbst 1989. Es war eine Zeit, in der Begeisterung für politisches Engagement entstanden ist. Nach der Wiedervereinigung war ich als Studentin aktiv in der Evaluierungskommission tätig, deren Aufgabe es war, Hochschul- und Forschungseinrichtungen zu begutachten und Empfehlungen für die Zukunft politisch belasteter Hochschullehrer zu geben. Ich war damals politisch sehr interessiert und hatte Sympathien für die Bürgerbewegung. 1996 wurde ich Mitglied der SPD, da ich dort meine politische Heimat gefunden hatte.

Was treibt Sie an? 

Es geht mir vor allem darum, für eine freiheitliche, gerechte und solidarische Gesellschaft einzutreten. Um dieses Ideal in unserem Land verwirklichen zu können, müssen wir ein offenes Ohr für die Nöte und Sorgen der Menschen haben. Das heißt vor allem nah am Bürger und mit ihm zu arbeiten. Mit meiner Kandidatur möchte ich dazu beitragen, denn in meinem Wahlkreis wurde in den letzten Legislaturperioden kein Sozialdemokrat in den Landtag gewählt. 

Insbesondere die Stärkung des ländlichen Raums sehe ich als persönliche Herausforderung. Sachsen-Anhalt ist eine liebenswerte Heimat, reich an Geschichte und Tradition. Das Bewusstsein dafür zu schärfen, ist mir ebenso wichtig. Das Leben in unserer Region und in unserem Bundesland soll uns auch in Zukunft begeistern.

Was haben Sie sich im Falle einer Wahl zum Mitglied des Landtages vorgenommen?

Die zwei größten langfristigen Herausforderungen sehe ich in der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft und dem Strukturwandel im ländlichen Raum. Beide Problemfelder sind eng miteinander verknüpft, leben doch auch viele ältere Mitbürger in den kleinen Gemeinden überall auf dem Land. 

Deshalb trete ich für Mobilität, Erreichbarkeit und Kommunikation im ländlichen Raum ein. Das umfasst neben dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs auch die Förderung von ambulanten Diensten und die Sicherung einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung. Zudem müssen wir dem Strukturwandel begegnen, indem wir kleine und mittlere Unternehmen fördern. Dies muss auch durch die Schaffung leistungsfähiger Breitbandnetze zum schnellen Informations- und Wissensaustausch gewährleistet werden. Eine besondere Priorität sollte zudem  dem Ausbau bzw. dem Lückenschluss der A14 im Norden Sachsen-Anhalts sowie der A143 zukommmen.

Es muss uns gelingen, Arbeitsplätze auf dem Land zu sichern und attraktiv zu gestalten, um einer weiteren Abwanderung entgegenwirken zu können. Dazu zählt neben Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen eine Sicherung der Kinderbetreuung und Schulversorgung.

Welche Rolle spielt Sachsen-Anhalt in Deutschland und in Europa und welche Perspektiven sehen Sie für das Land?

Sachsen-Anhalt war und ist ein Kernland in Deutschland und Europa. Dies spiegelt sich in der Geschichte der Region wieder. Luther startete hier seine Reformationsbewegung und Kaiser Otto ließ es zu einer zentralen Landschaft des Heiligen Römischen Reiches werden und förderte den Austausch dieser Region mit den großen europäischen Metropolen jener Zeit. Die Anpassungsfähigkeit unserer Bürger steht hier in einer langen Tradition. Auch nach der Wende schafften wir es trotz einiger Rückschläge eine stetige wirtschaftliche Erholung zu garantieren. Wir schafften es regionale Kernkompetenzen  zu erhalten und auszubauen und auch neue Wege zu gehen, wie etwa im Bereich der alternativen Energien. Die in Sachsen-Anhalt gefertigten Windräder drehen sich in zahlreichen Ländern und die Windenergie ist hier zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden.

Natürlich müssen wir auch in Zukunft an einer besonnenen und sozial gerechten Politik unter Berücksichtigung des Schuldenabbaus arbeiten. Dabei sollten wir uns auf genannte Kernkompetenzen stützen und strukturschwache "Flecken" im Land ausbauen und stärker vernetzen. Dazu zählt auch der Ausbau und die Steigerung der Forschung und Entwicklung in den Unternehmen selbst. Sachsen-Anhalt muss für die Jungen Perspektiven und den Alten einen gesicherten Ruhestand bieten.

Wie wollen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts mitgestalten?

Nah am Bürger sein. Das Bewusstsein für die Gemeinschaft stärken. Das heißt auch offen neue Wege diskutieren. Zum Beispiel Mehrgenerationenhaushalte als Alternative zu klassischen Pflegediensten. Ich möchte den ländlichen Regionen eine Stimme geben, damit ihr Potenzial erkannt und gefördert werden kann. Dazu zählt etwa neben der Stärkung der Agrarstruktur auch die Förderung der Tierhaltung bäuerlicher Betriebe. 

Sachsen-Anhalt zukunftsfähig, sozial gerecht und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu halten, kann aber nur gemeinsam mit Bürgern, Vertretern der Wirtschaft und uns Politikern geschehen. Dafür möchte ich täglich kämpfen und werben. Es lohnt sich!

Wie denken Sie über die in Sachsen-Anhalt in den letzten Monaten aufgenommenen Flüchtlinge? Welche Chancen und Probleme sehen Sie und wie möchten Sie darauf reagieren?

Der Anspruch auf Zuflucht vor politischer Verfolgung hat Verfassungsrang in Deutschland. In Europa gilt die Grundrechtecharta und die Europäische Menschenrechtskonvention. Auf dieser Grundlage haben Flüchtlinge ein Recht auf eine faire Prüfung ihrer Schutzbedürftigkeit. Niemand setzt alles aufs Spiel, lässt alles los – Heimat, Besitz, Angehörige, vielleicht sogar Kinder –nur in der Hoffnung auf den Bezug von Sozialleistungen. Wer Asyl sucht, kämpft oft ums Überleben. Deutschland ist ein großes Land, mit einer gefestigten Demokratie, einer starken Wirtschaft sowie religiösen und politischen Freiheiten. Es ist unsere menschliche Pflicht, Menschen in Not Schutz und Hilfe zu bieten.

Auf der anderen Seite trete ich dafür ein, Fluchtursachen an ihrem Entstehungsort zu bekämpfen. Dazu sind eine konsequentere Menschenrechts- und Umweltpolitik Europas und gerechtere Weltwirtschaftsbedingungen unbedingt erforderlich.

Auch eine bessere Organisation der Aufnahme von Flüchtlingen ist dringend notwendig. Sachsen-Anhalt hat großes Interesse daran, die Integration der Flüchtlinge mit Bleibeperspektive erfolgreich zu gestalten. Ich trete dafür ein, die verschiedensten Projekte im Land zu vernetzen, um eine hohe Wirksamkeit der Maßnahmen zu erreichen.

Was möchten Sie als Abgeordneter des Landtages für Ihren Wahlkreis tun?

Wir haben den Auftrag des Grundgesetzes, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen der Bundesrepublik sicherzustellen. Deshalb besteht die besondere Aufgabe darin, passgenaue Handlungsstrategien für die unterschiedlichen Räume zu entwickeln und den Akteuren vor Ort Gestaltungsspielräume zu ermöglichen. Ich will dazu beitragen, eine angemessene Versorgung sicherzustellen, um die ländlichen Räume auch im Zeichen des demografischen und wirtschaftsstrukturellen Wandel als attraktive Lebens- und Wirtschaftsräume zu erhalten.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt?

Es gibt viele Orte in Sachsen-Anhalt, an denen ich mich wohlfühle. Mein derzeitiger Favorit ist die Terrasse an der Alten Kanzlei in Tangermünde.